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Mit Hund an Bord – so gelingt der Törn
Hund und Segeln – das muss kein Widerspruch sein. Vielmehr kann der Hundeschatz das Bordleben bereichern und für Bewegung und Abwechslung sorgen – wenn man ein paar Dinge beachtet. In jedem Fall führt ein Hund dazu, dass man sich mit der Hafenumgebung intensiver auseinandersetzt und schöne Wege entdeckt! In dieser Rubrik ergänzen wir nach und nach Aspekte für das Segeln mit Hund, die wir für wichtig halten.
Die Hunde-Ausstattung fürs Segeln
Onboarding: So kommt der Hund sicher an Bord
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Was braucht ein Hund an Ausstattung für das Segeln?
Schwimmweste
Jeder Hund braucht eine Schwimmweste. Für welches Modell man sich entscheidet, sollte nicht nur von der Farbe abhängen. Zuallererst muss die Tragfähigkeit dem Gewicht des Hundes angepasst sein. Die Hersteller geben an, für welche Gewichtsklasse die Weste geeignet ist.
Je größer, desto sicherer gilt hier jedoch nicht: Ist die Weste zu groß ist, kann sich unter ihr ein Hitzestau bilden. Auch sollte die Weste nicht so dick gepolstert sein, dass der Hund überall gegenstößt.
Je weicher das Material, desto besser passt es sich der Körperform des Hundes an. Nähte, Material und Schnallen sollten hochwertig sein, immerhin müssen sie das Gewicht eines nassen Hundes im Ernstfall tragen. Auch sollte der Tragegriff gut mit einem Bootshaken o.ä. zu greifen sein.
Wer auch mal nachts mit Hund unterwegs ist, kann über ein Licht für die Weste nachdenken, das bei Wasserkontakt zu leuchten beginnt.
Hundemantel
Kann ein Hund frieren? Ja! Auch wenn der Hund ein Fell hat: Wenn er längere Zeit im Wind liegt, kühlt er aus. Ab wann ein Hundemantel sinnvoll ist, ist von Hund zu Hund verschieden. Kurzhaarhunde ohne Unterwolle frieren eher als z. B. ein Golden Retriever. Wenn ein Hund zu zittern beginnt, ist es allerhöchste Zeit für einen Kälteschutz!
Hundemäntel gibt es für verschiedene Temperaturbereiche. Eine Windstopper-Membran und ein Fleecefutter sind sinnvoll.
Im Prinzip ist es egal, ob der Mantel über oder unter der Schwimmweste angezogen wird, solange der Griff der Schwimmweste erreichbar bleibt. Unkomplizierter ist es aber, den Mantel über der Schwimmweste anzuziehen – besonders, wenn der Hund öfter zwischen Cockpit und Kajüte wechselt und man ihn mehrfach an- und ausziehen muss.
Hundebooties
Spätestens bei Schräglage ist es für den Hund nicht mehr so einfach, das Gleichgewicht zu halten. Hundeschuhe, sogenannte Booties, helfen gegen das Rutschen an Bord. Es gibt sie aus Latex, mit Latexbeschichtung oder aus Textil mit Gummisohle. Aber denkt bitte daran, dass ein Hund seinen Temperaturausgleich nur über Zunge und Pfoten regeln kann. Die Booties sollten daher nur getragen werden, wenn es notwendig ist und auch nicht zu lange. Oft reicht es auch, die Booties nur an den Vorderpfoten anzuziehen. Wer seinen Kajüt-Innenboden für den gesamten Törn vor den Hundekrallen schützen möchte, sollte lieber zu einer Antirutschmatte am Boden greifen.
Sonnenschutz
Die Bedürfnisse von Mensch und Hund unterscheiden sich hier gar nicht so sehr. Um den Hund an Deck vor Sonneneinstrahlung zu schützen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Das Angebot für Hundezubehör ist groß. Es gibt spezielle Hundebodies und Capes, die den Hund vor der Sonnenstrahlung schützen sollen. Sie bestehen meist aus dünnen Kunstfasermaterialien und es gibt sie auch mit Aluminium-Beschichtung.
Der einfachste Sonnenschutz ist es, den Hund gar nicht erst der Sonne auszusetzen. Man lässt ihn einfach unter Deck oder spannt im Hafen über dem Großbaum einen Sonnenschutz.
Braucht der Hund eine Sonnenbrille? Da gehen die Meinungen auseinander. Starkes Sonnenlicht schadet den Hundeaugen, zusätzlich reizt der Wind. Hat der Hund eine Augenerkrankung, kann eine Sonnenbrille sinnvoll sein. Im Zweifelsfall sprecht mit eurem Tierarzt.
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So gelangt der Vierbeiner an Bord
Je nach Hundegröße, Boot und Liegeplatz-Situation ist es mitunter gar nicht so einfach, dass das vierbeinige Crewmitglied an Bord gelangt. Hier sind die Taschen-Fiffis klar im Vorteil, weil man sie sich einfach unter den Arm klemmen kann. Doch auch für schwerere Hunde gibt es verschiedene Möglichkeiten.
- Springen
- Tragen
- Hunderampe
- Winschen
Bevor ich näher darauf eingehe, zwei grundsätzliche Bemerkungen vorab:
1. Egal, für welches Onboarding ihr euch entscheidet: Lasst den Hund IMMER nur auf Kommando an und von Bord springen, um gefährliche Situationen zu vermeiden. Amstel darf das Boot NIE ohne Aufforderung verlassen, egal, wie sicher die Liegesituation auch ist.
2. Bevor der Hund an Bord geht, sollte er grundsätzlich schon die Rettungsweste anhaben. Im Falle eines ungewollten Über-Bord-Gehens kann man ihn so relativ einfach am Griff der Rettungsweste wieder greifen. Dass ausgerechnet im Video oben die Schwimmweste fehlt, ist natürlich ein grober Schnitzer… 😉
Liegt das Boot dicht am Steg und lässt der Bootsaufbau es zu, ist das Springen die einfachste Möglichkeit. Ist ein Springen nicht möglich ist und wiegt der Hund nicht zu viel, kann man ihn an Bord tragen. Diese Möglichkeit hatten wir früher monatelang mit Amstel praktiziert. Ralfs früheres Boot HavLys lag immer mit dem Bug zum Steg. Da der Bugkorb geschlossen und die Rollreffanlage etwas sperrig im Weg war, waren für unser Dreiundzwanzigkilo-Kuscheltier meist zwei Personen erforderlich: Ich stand auf dem Steg mit Amstel auf dem Arm und Ralf stützte sich am Vorstag ab, lehnte sich über den Bugkorb, griff Amstel am Griff der Rettungsweste und hob sie über den Bugkorb. Ihre Verachtung, dass wir sie wie ein Gepäckstück an Bord trugen, ließ sie uns übrigens deutlich spüren…
SKUUM (die in der Regel auch mit dem Bug zum Steg liegt) hat einen offenen Bugkorb, hier geht es einfacher und es ist nur eine Person erforderlich: Wir legen eine Antirutschmatte an die Bugspitze, ich nehme Amstel auf den Arm und lasse sie von dort aus auf die Antirutschmatte springen.
Was aber, wenn der Hund 30 kg oder mehr wiegt? Es gibt spezielle Hunderampen, die sich zusammenfalten lassen. Improvisiert reicht sogar ein Brett dafür. Hierüber kann der Hund einfach an Bord gelangen. Nachteil der Hunderampe ist, dass man sie immer dabei haben muss. Und zumindest der in Lightweight-Kategorien denkende Regattasegler ist von sowas meist nicht so begeistert…
Wer nicht extra eine Rampe mitnehmen möchte, kann den Hund auch über das Spifall an Bord winschen. Hierfür sind zwei Personen notwendig. Eine winscht und die zweite Person steht an Land und hält den Hund auf Abstand zur Bordwand. Dieser wird über eine zweite Leine hergestellt, die mit dem Hundegeschirr verbunden ist. Wichtig für diese Methode: Das Hundegeschirr oder die Rettungsweste sollte das Gewicht des Hundes wirklich gut tragen können. Schwachpunkte sind meist die Schnallen, gefolgt von den Nähten. Auch muss gewährleistet sein, dass der Hund nicht aus der Rettungsweste oder dem Geschirr rutschen kann. Wer sich dauerhaft für diese Möglichkeit entscheidet, ist vermutlich mit einem speziellen Abseilgeschirr am besten beraten.
Sicherheit an Bord
Ein Hund ist ein besonderes Crew-Mitglied: Ein Hund hat keine Segelkenntnisse, weiß im Notfall nicht, was zu tun ist und hat von allen vermutlich die schlechteste Schwimmweste… Deshalb steht das Thema Sicherheit bei uns ganz vorn.
Sicherheit umfasst für uns:
- Der Hund gefährdet sich nicht selbst.
- Der Hund gefährdet andere nicht.
- Der Hund behindert keine Manöver.
In erster Linie bedeutet Sicherheit für uns, dass Amstel unter keinen Umständen über Bord fallen darf. Wir möchten kein Hund-über-Bord-Manöver fahren, da wir das für noch schwerer halten als ein Mensch-über-Bord-Manöver:
- Amstel kann nicht nach Rettungsmitteln oder einer Leine greifen.
- Wir wissen auch nicht, wie sie reagiert, wenn wir mit SKUUM auf sie zuhalten.
- Amstels Schwimmweste hat nicht so viel Auftrieb wie unsere Automatikwesten.
- Und Amstels Schwimmweste ist nur mit einem Licht, nicht aber mit einer PLB ausgestattet.
Alles Aspekte, die eine Bergung deutlich erschweren.
In zweiter Linie bedeutet Sicherheit, dass Amstel durch ihr Verhalten möglichst keine Situation auslösen kann, die uns oder die Manöver gefährden, weil sie unser Eingreifen erfordert.
Relingnetz?
Viele Segler sichern ihr Boot mit einem Relingnetz. Der Vorteil ist, dass der Hund nicht durch den Seezaun rutschen oder springen kann.
Der Nachteil ist, dass im Notfall ein Mensch-über-Bord-Manöver erheblich erschwert wird. Und auch das Ausbringen von Fendern und Festmachleinen wird fummeliger, Spezialsegel (z.B. Code 0, Spinnaker oder Gennaker) können schlechter geschotet werden usw.
Wir haben uns daher gegen ein Relingnetz entschieden. Wenn wir unterwegs sind, soll Amstel nicht frei an Bord rumlaufen. Punkt. Sie soll sich entweder gesichert (angeleint) im Cockpit aufhalten oder unter Deck. Dann fällt sie nicht über Bord.
Cockpit oder unter Deck?
Wenn das Wetter es zulässt, ist Amstel bei uns im Cockpit. Sie liebt es, auf einem Kissen zu liegen, optimalerweise mit Körperkontakt zu einem von uns.
Amstel ist unterwegs an Deck immer mit einem Zeiser gesichert. Dieser ist fest an ihrer Schwimmweste montiert und wird mit einem Palstek an den Streckleinen oder sonstigen Haltepunkten befestigt. Warum ein Zeiser? Die meisten Hundeleinen haben Metall-Karabiner, die bei jeder Hundebewegung über Deck schleifen würden. Abgesehen davon, dass uns das Geräusch stören würde, ist das Metall salzempfindlich.
Bei häufigen Segelmanövern (z.B. Aufkreuzen), bei bewegter See und bei Windverhältnissen, die unser beider Konzentration erfordern, hat Amstel im Cockpit nichts verloren. Dann ist sie grundsätzlich unter Deck. Wenn ich z. B. den Gennaker aus der Hand fahre und Ralf mit Pinne steuert, hätte keiner von uns Kapazitäten, den Hund aus einer vertüdelten Leine zu befreien. In dieser Disziplin verdient Amstel einen Champion-Titel: Sie hat es unterwegs tatsächlich geschafft, sich ihren Zeiser so oft um die Hinterpfote zu wickeln, dass sie null Bewegungsfreiheit mehr hatte und die Bedienung der Großschot komplett blockierte…
Unter Deck zu sein bedeutet für Amstel, dass sie dann in unserer (mit Decken präparierten) Schlafkabine liegen darf – was sie sehr genießt. Wir lassen die Tür in den Salon offen, so dass sie uns immer hören und Kontakt aufnehmen kann. Sie zieht es unterwegs aber vor, im Bett zu bleiben.
Auch was die Sicherheit unter Deck angeht, sind wir ausgesprochen penibel. Bei uns ist alles jederzeit so gesichert, dass auch bei heftiger Schräglage nichts umherfliegen und uns oder Amstel verletzen kann. Wir segeln gern sportlich und Skuum kann durch ihr breites Heck beträchtliche Rutschbahnen/Fallhöhen entwickeln.
Schwimmweste
Was wir für wirklich wichtig halten, ist, dass Amstel IMMER eine Schwimmweste an Bord trägt – selbst unter Deck. Wenn es wirklich mal zu einer ernsten Situation kommt, wollen wir ihr nicht erst die Schwimmweste anziehen müssen. Wir selbst tragen übrigens an Bord auch immer eine Schwimmweste, auch bei wenig Wind. Lediglich bei totaler Flaute oder Verholmanövern weichen wir vielleicht mal davon ab.
An Bord haben wir auch eine Ersatzschwimmweste für Amstel. Die geneigten Leser haben vermutlich schon festgestellt, dass Amstel abwechselnd Pink und Gelb trägt 😉 Und es gibt ein Licht für ihre Rettungsweste, das bei Wasserkontakt anfängt zu leuchten.
On- und Offboarding
Wie in einem anderen Artikel schon erwähnt, darf Amstel das Boot ohne Aufforderung weder verlassen noch besteigen – auch nicht im Hafen. Gründe dafür gäbe es für Amstel genug: Andere Hunde am Steg, interessantes Entchen auf dem Wasser, Lust auf Landgang… Aber letztlich sind auch On- und Offboarding sicherheitsrelevanten Fragen. Und die regeln wir – nicht Amstel 😉
Mit diesen Maßnahmen und Regeln machen wir aus unserer Sicht das Maximum an Sicherheit möglich, das alle eingangs genannten Aspekte berücksichtigt und trotzdem auch noch Nähe und Hundeteilhabe ermöglicht. Oder? Anregungen sind willkommen 🙂