Von Ralf
Die Sicht ist schlecht, heftiger Regen trommelt auf das Ölzeug, scharfer Wind peitscht ihn mir ins Gesicht. Wir haben den 21. Oktober 2024. Es ist ungefähr mittags. Tiefgrau verhangener Himmel. Claudia hat sich eine kleine Auszeit genommen und liegt unter Deck bei Amstel. Keine 2 Stunden ist es her, dass wir aus Port Tudy auf der ILE de GROIX, einer kleinen Insel in der Biskaya vor Lorient, ausgelaufen sind. Bei leichtem Regen und leichtem Wind.
Gestern hatte es ziemlich ordentlich aus Südwest gestürmt und wir konnten bei einem ausgedehnten Spaziergang das tobende Meer bewundern.
Zum Abend hatte sich der Wind beruhigt. Dafür kam heftiger Regen. Die ganze Nacht hindurch bis zum frühen Morgen, ohne Unterbrechung.
Dann heute am späten Vormittag endlich die vorhergesagte Wetterberuhigung mit moderaten Winden aus Nordost. So dachten wir jedenfalls.
Zeit zum Auslaufen…
Unser ambitionierter Plan heute: Kurs Südost zur rund 70 Seemeilen entfernten ILE D’ YEU. Überwiegend mäßige Winde aus nordöstlicher Richtung bei gelegentlichen Schauern sind vorhergesagt. Da sollte das trotz des späten Starts gut machbar sein. Der Hafen dort ist problemlos auch im Dunkeln anzulaufen.
Naja, es ist noch eine ordentliche Dünung aus Südwest von den gestrigen stürmischen Winden zu erwarten und nachmittags soll der Wind kurzzeitig mal in Böen auf bis zu 30 kn aus Nordost auffrischen. Aber damit werden wir, wenn es denn so kommt, schon klarkommen.
Blöd nur, dass offenbar niemand dem Wetter gesagt hatte, wie es sich zu entwickeln hat. Okay, die Windrichtung stimmt. Aber das war es auch schon.
Kaum sind unsere Segel oben, nehmen Wind und Regen deutlich zu. Gut, dass wir gleich ein Reff ins Groß gebunden haben. SKUUM marschiert schon wieder mit 7,5 Knoten und ich denke mir: „Hey, gleich mal eine Schauerbö. Das geht ab! So wird das ne schnelle Reise!“😊
Doch der Regen bleibt. Der Wind auch. Es dauert nicht lange, da treten wir aus dem Schutz der Insel heraus und bekommen die mächtige Dünung aus Südwest zu spüren. Ich schätze sie vorsichtig auf 3-4 m Höhe. Aber da verschätzt man sich auch leicht. Runde Riesen sind es jedenfalls, im tiefen Wasser ungefährlich. Beeindruckend. Vor allem jetzt in dieser Szenerie. Dazu dieses seltsam indifferente Gefühl beim Segeln. Starker Wind und sich aufbauende Windsee von Backbord mit Krängung nach Steuerbord, während wir immer wieder diese großen Dünungswellen hochklettern. Die kommen seitlich von Steuerbord auf uns zu, also aus der Gegenrichtung, quasi „von der falschen Seite“ und laufen unter uns hindurch. Da passt gefühlt nichts zusammen…
Voraus erkenne ich eine Segelyacht, die sich relativ nahe vor uns aus den dichten Regenschleiern herausschält. Ein „Entgegenkommer“. Ich ändere meinen Kurs etwas, um einen sicheren Passierabstand zu gewährleisten. Die fremde Yacht läuft offenbar etwas höher am Wind in Gegenrichtung und trägt tief gereffte Segel. Sie hat mindestens unsere Größe, sehr wahrscheinlich ist sie sogar größer und arbeitet schwer in diesem chaotischen Seegang. Als wir einander passieren, bietet sich mir durch den peitschenden Regen ein surrealer Anblick, der mich ungläubig staunen lässt. Gerade läuft wieder ein Set besonders hoher Dünungswellen durch und die fremde Yacht sieht darauf aus wie ein Spielzeug. Im Wellental ist nur ein Teil des Mastes zu sehen und oben auf dem Wellenkamm wirkt sie unnatürlich klein. Dann kippt sie mit ihrer falschen Krängung, die sich gegen die Laufrichtung der Dünung richtet, regelrecht in Richtung Wellental. Der Rudergänger hat offensichtlich Mühe, einen halbwegs geraden Kurs zu halten.
ALTER…! Sehen wir von außen auch so aus? Im Geiste stelle ich nach diesem Anblick meine Schätzung von vorhin in Frage. Sollten die höchsten Dünungswellen vielleicht sogar bis zu 5 m erreichen?
Während die Segelyacht torkelnd im Dunst der Regenschleier verschwindet, nimmt der Wind weiter zu. Bald kann ich SKUUM mit 1. Reff im Groß und der J2 kaum noch halten. Längst sind alle Trimmtricks ausgereizt. Achterstag ist voll angeknallt. Traveller nach Lee. Maximale Vorliekspannung auf beiden Segeln. Viel Twist, um den Druck loszuwerden… Es hilft nichts, wir sind überpowert. Und der Wind macht keine Anstalten, sich endlich an die Vorhersage zu halten.
Der zunehmend wilde Tanz, den wir hier aufführen, bleibt auch unter Deck nicht unbemerkt. Das Schiebeluk geht auf und Claudias Kopf taucht auf.
Leicht besorgter Blick:„Meinst du nicht, dass wir ein Segel runternehmen müssen?“
„Nee, aber das 2. Reff muss ins Groß eingebunden werden. Höchste Zeit.“
„Ich ziehe mich an und komme hoch…“ kündigt Claudia an.
Zum Glück haben wir einen guten Autopiloten, der zuverlässig ein Crewmitglied ersetzt. Kurz etwas anluven, das Fall fieren, schnell zum Mast, Segel etwas runterziehen, neuen Reffschäkel anschlagen, wieder zurück ins Cockpit, Fall und neue Reffleine dichtkurbeln, zack – fertig. Keine 3 Minuten später ist das Manöver erledigt, als Claudia wieder mit voller Ausrüstung an Deck erscheint.
Der Regen prasselt weiter auf uns nieder. Ich schlage Claudia vor, unsere Tagesplanung zu ändern und einen anderen Hafen anzulaufen. Guter Vorschlag!
Wir haben mittlerweile fast durchgehend stramme 6-7 Bft aus Nordost und einen zunehmend chaotischen Seegang. Wenn der Wind nachmittags tatsächlich noch weiter zunimmt, werden aus den ursprünglich angesagten Böen von 7 Bft vielleicht 8 Bft oder noch mehr. Dazu dieses Sauwetter. Das brauchen wir nicht. Dem gehen wir dann doch lieber aus dem Weg…
Außerdem zeigt unser altes Reise-Großsegel einmal mehr, dass es den Belastungen dieser Reise kaum noch gewachsen ist. Seit dem Reff-Manöver hat es einen dicken Riss und wird dort nur noch von einigen Carbon Fäden zusammengehalten. Keine gute Ausgangslage für einen ausgedehnteren Schwerwetter-Törn…
Neuer Zielhafen ist La Trinité-sur-Mer. Doch ganz so einfach ist auch das nicht. Dazu müssen wir nämlich erstmal die Halbinsel Quiberon umrunden. Und dabei führt der Weg durch ein Seegebiet mit Untiefen und Felsenriffen. Noch segeln wir im tiefen Wasser. Aber Dünungswellen, die ins Flachwasser laufen, können schnell gefährlich steil werden oder sogar als sogenannte Grundsee brechen. Ich weiß, wie verheerend so etwas für eine Segelyacht ausgehen kann und habe gehörigen Respekt davor. Auf der Seekarte erkenne ich ein betonntes Fahrwasser, das genug Wassertiefe bieten sollte, um davor sicher zu sein.
Schon lange, bevor wir die dafür notwendige Kursänderung vollziehen, hören wir an Backbord das schwere Donnern der Brandung an der Felsenküste von Quiberon. Dieser Küste in Luv von uns sind wir auf unserem Kurs mittlerweile ziemlich nahe gekommen. Manchmal ist im Dunst auch weiße Gischt wild brechender Dünungswellen zu erkennen, die explosionsartig in den Himmel emporschießt. „Total schön, aber das will man eigentlich gar nicht sehen.“ bemerkt Claudia trocken. „Nee, will man nicht!“ antworte ich leicht angespannt. Ich werde mir die Seegangsverhältnisse dort sehr genau ansehen, bevor ich Kurs ändere und in das Fahrwasser durch die Untiefen einbiege. Kein unnötiges Risiko! Im Zweifel lieber noch einen Plan C verfolgen, zum Beispiel zur Insel BELLE-ILE laufen…
Aber die Sorge erweist sich als unbegründet. Schon wenige Meilen weiter wird die Dünung von Steuerbord deutlich schwächer. Warum das? Ein Blick auf den Plotter in anderer Zoomstufe erklärt das Phänomen. BELLE-ILE ist zwar nicht zu sehen, liegt aber mit ihrer Nordwest-Spitze nur knapp 6 Seemeilen südwestlich von uns entfernt. Sie gibt offenbar einen gewissen Schutz vor dem gröbsten Schwell. Gleichzeitig liegt die Felsenküste von Quiberon an Backbord nahe genug in Luv, um auch von dort einen gewissen Schutz vor der neuen Windsee zu bieten. Wir haben zwar immer noch heftige Böen von 7 Bft, schlechte Sicht und starken Regen, aber inzwischen einen deutlich übersichtlicheren Seegang. Das beruhigt. Wir ändern Kurs und können es nun sogar genießen, wenn der eine oder andere immer noch mächtige Dünungs-Brecher in unserer Nähe über ein Felsenriff brandet.
Im AIS sehen wir noch andere Segelyachten in unserer Nähe. Sie kommen aus der Gegenrichtung und nutzen dasselbe Fahrwasser durch die Untiefen oder sie segeln östlich an den Felsen entlang. Einige kommen uns so nahe, dass sie kurz wie Geisterschiffe im dichten Grau der Regenschleier auftauchen, um kurz darauf wieder zu verschwinden. Zusammen mit der weißen Gischt brechender See, die über Riffen brandet, eine gespenstische Kulisse. Vermutlich sind wir nicht die einzigen, die besseres Segelwetter erwartet haben…
Nach Rundung des Leuchtturms LA TEIGNOUSE auf einer Klippe haben wir endgültig vor der Dünung geschützte Gewässer erreicht. Ab hier ist es fast wie zu Hause auf der Flensburger Außenförde. Naja fast, also bei Ostwind. Hier aber dreht der Wind und weht jetzt beinahe aus Nord, genau von vorne. Na und? Aufkreuzen ist für uns längst eher unterhaltsame Routine. Vier Wenden und 90 Minuten später haben auch Wind und Regen nachgelassen und wir holen vor der Einfahrt zum engen Fahrwasser nach La Trinité-sur-Mer im Schutz der Luvküste die Segel herunter.
Puuha, das war ja mal wieder so ein spezieller Tag. Willkommen in der herbstlichen Biskaya! So in etwa habe ich mir das hier auch immer vorgestellt…
Doch kaum haben wir im Hafen festgemacht, melden sich Regen und Wind endgültig ab. Der Himmel reißt plötzlich auf, die Sonne kommt heraus und schlagartig wird es warm. Unglaublich. Ein krasser Gegensatz, der uns an der französischen Atlantikküste zu dieser Jahreszeit schon öfter begegnet ist und auch noch häufiger begegnen wird.
Aber sorry – ich greife vor! Diese kleine Episode mit hohem Erinnerungswert wollte einfach nicht länger warten. Ein kleines Bonbon aus der Zukunft sozusagen.
Denn bevor es in der Biskaya weitergehen kann, müssen wir nochmal genau einen Monat zurückspringen, bis in den Ärmelkanal.
Immerhin habe ich euch versprochen, von unseren Erlebnissen in Cherbourg und den folgenden Etappen zu berichten. Und keine Sorge: Auch das wird nicht langweilig… 😉
Als wir am 21. September abends in Cherbourg einlaufen, ist es schon dunkel. Die Tide war früher als erwartet gekentert und hatte uns zuletzt mit bis zu 3 Knoten Gegenstrom ganz schön aufgehalten. Die Stadt liegt im Norden des Cotentin, einer Halbinsel, die weit in den Ärmelkanal hineinragt. Diese spezielle geografische Lage sorgt dort für besonders heftige Tidenströme, die zur Springzeit vor der Hafeneinfahrt schon mal einen bis zu 4-5 Knoten starken Querstrom ergeben können. Und mit einem Tidekoeffizienten von stattlichen 107 sind wir gerade mitten in einer heftigen Springphase. So mussten wir in der Ansteuerung zum Vorhafen mächtig vorhalten und längere Zeit quasi schräg fahren, um den richtigen Einlaufkurs zu halten.
Während wir kurz darauf im weitläufigen inneren Hafen langsam über die sogenannte „Petite Rade“ (kleine Reede) gleiten und versuchen, uns in dem vor uns liegenden Lichtermeer zu orientieren, macht das Wasser an Steuerbord neben uns plötzlich seltsame, laute Geräusche. So, als würde sich ein mächtiger Körper hektisch darin bewegen. Ein dicker Fisch? Ich schaue angestrengt auf die schwarze, fast glatte Wasseroberfläche, kann aber nichts erkennen. Hmm… HA! Da schießt keine 10 m entfernt plötzlich ein riesiger Körper aus dem Wasser, um laut platschend wieder zu verschwinden. Booah, mir bleibt fast das Herz stehen. Da! Noch einer! Und noch einer! Delfine! Nein, die hier sind viel größer. Mann sind die groß! Jetzt kann ich einen gut im schwachen Licht des Hafens erkennen. Doch, es sind eindeutig Delfine. Riesige Delfine. Es müssen große Tümmler sein. Die können bis zu 4 m lang und schon mal ne halbe Tonne schwer werden. Mindestens 3, eher 4 Tiere haben wir hier, die sich offenbar einen Spaß daraus machen, ein wenig mit SKUUM zu spielen. Mir kommt dieses Spiel angesichts der Größe und Power dieser Tiere etwas rustikal vor. „Hey Jungs, ist ja toll, dass ihr uns begrüßt. Aber macht bloß keinen Scheiß!“ Der ganze Spuk dauert vielleicht 3 Minuten. Dann sind sie ebenso schnell verschwunden, wie sie gekommen sind.
Im Yachthafen machen wir am Besucherponton gleich hinter der „Haspa Hamburg“ fest. Dieser imposante, knallrote 56-Fuß Racer hat sich auf der Anreise von Deutschland bei einer Patenthalse gleich einen ganzen Steuerstand weggerissen und wartet hier auf die Reparatur, wie die Jungs von der Crew uns wissen lassen.
Cherbourg als Stadt überrascht uns angenehm. Während sich verschiedene Quellen im Internet über eine industriell geprägte, eher „hässliche Stadt“ auslassen, finden wir gleich am Yachthafen gepflegte Grünanlagen mit Palmen, die auf der anderen Seite direkt an eine charmante Altstadt mit bezaubernden Gassen und Plätzen grenzen. Und: Schräg gegenüber des Theaters gibt es ein kleines Café mit dem besten Cappuccino, den wir jemals getrunken haben. Was will man mehr? Hier können wir es gut ein paar Tage aushalten…
Doch es dauert nicht lange, da fängt es schon wieder an zu jucken. Für die nächsten Tage wird ein Sturmtief erwartet und es ist klar, dass sich das Fenster für eine mögliche Weiterfahrt sehr bald für mehrere Tage schließt. Entweder morgen los oder sich noch auf mindestens 3 weitere Tage in Cherbourg einstellen. Darauf läuft es hinaus. Dieselben Überlegungen gibt es auch auf anderen Yachten am Besuchersteg. Wetterdaten und Überlegungen zu möglichen Etappenzielen werden ausgetauscht.
Für uns ist klar, dass wegen Amstel weiterhin nur eine Tagesetappe infrage kommt. Damit liegt es nahe, das Cape de la Hague zu runden, um einen Hafen auf der Westseite der Halbinsel Cotentin anzulaufen.
Problem: Das sind alles Häfen mit flachen, zum Teil bei Niedrigwasser trocken fallenden Zufahrten. Da muss beim Anlaufen das Timing mit der Tide schon sehr gut passen. Außerdem ist für die Nacht und den nächsten Morgen stärkerer Wind aus Nordwest angesagt, was meine grundsätzliche Abneigung, eine flache Hafenzufahrt an einer Leeküste anzulaufen, noch einmal verstärkt.
Blöderweise ist die naheliegendste Alternative, eine der attraktiven britischen Kanalinseln westlich des Cotentin anzulaufen, wegen der abweisenden Einreisebestimmungen für Haustiere tabu für uns.
Am späten Abend des 23.09. fällt bei uns nach Auswertung des letzten Wetter Updates und Abwägung aller denkbaren Zielhäfen die Entscheidung zugunsten einer längeren Etappe.
Wir werden am kommenden Morgen früh auslaufen, das Cape de la Hague runden und mit Südwestkurs zwischen Guernsey und Jersey hindurch die mehr als 90 Seemeilen bis nach Saint-Quay-Portrieux in Angriff nehmen. Für uns die sicherste aller Optionen. Dieser Hafen liegt nämlich nicht nur an einer Lukvüste, sondern hat zusätzlich den in dieser Gegend seltenen Vorteil, dass er genug Wassertiefe hat, um bei jeder Tide angelaufen werden zu können.
„Das Cape de la Hague runden“. Das sagt sich so einfach… Dieses Kap ist nicht nur von gefährlichen Felsenriffen gesäumt, sondern ist wegen der starken Tidenströme untrennbar mit dem Phänomen des berüchtigten Alderney Race verbunden. Dort werden die Tide-Strömungen zu den Springtiden während der Tag-Nacht-Gleiche (hatten wir am 22.09 – also kurz vorher) bis zu 12 (!!) Knoten stark, was dann wegen der zerklüfteten Struktur des Meeresbodens gebietsweise schon ganz ohne Wind und Welle einen schäumenden Hexenkessel ergibt. Aus diesem Grund wird das Cape de la Hague unter Seeleuten auch „Europas Kap Hoorn“ genannt.
Kurzum, wer das Kap umrundet, kommt automatisch auch in das Gebiet des Alderney Races und die ganze Ecke ist ziemlich berüchtigt.
Was für uns spricht: Während unseres Aufenthalts in Cherbourg ist der Tidekoeffizient von 107 (eine durchschnittliche Springtide hat 95) auf relativ harmlose 57 gesunken, was für abgeschwächten Tidenhub mit entsprechendem Tidenstrom steht. Aber was heißt im Alderney Race schon „schwächer“?
Außerdem erwarten uns mit ca. 20 kn Wind von vorne gegen den mit uns laufenden Strom ohnehin nicht gerade ruhige Bedingungen. Wir werden dort also gegen den Wind aufkreuzen müssen. Eine interessante Kombination. Wir werden sehen…
Unser Timing ist so gewählt, dass wir morgens gegen 7 Uhr auslaufen, um 2 Stunden später, etwa 1 Stunde vor dem Kentern der Tide, am Kap zu stehen. Um sozusagen mit dem letzten Schiebestrom „um die Ecke gespült“ zu werden.
Und für den Fall, dass es sich unterwegs abzeichnen sollte, dass es doch zu dicke kommt oder wir unser geplantes Zeitfenster für die Passage verpassen, haben wir auch eine Exit-Strategie: Nämlich rechtzeitig beidrehen und zurück nach Cherbourg laufen.
Das ist aber zum Glück nicht erforderlich. Trotz etwas launischer Winde vor dem Kap treffen wir rechtzeitig am Point of no Return ein und was soll ich sagen…? Nun, „Europas Kap Hoorn“ enttäuscht uns nicht. Wir werden nämlich bei „nur“ 18 Knoten Wind von vorne und mitlaufender Tide in auf Krawall gebürsteter See ganz ordentlich geschüttelt…
Alter Schwede – dieses Seegebiet hat echt Potenzial!
Der Rest dieser Etappe verläuft dann aber eher unspektakulär und bei nachmittags aufreißendem Himmel und Sonnenschein sogar richtig angenehm. Als wir abends um 21 Uhr im Dunkeln am Besucherponton in Saint-Quay-Portrieux festmachen, stoßen wir mit einem zünftigen „Einlaufbier“ auf das Erreichen der Bretagne an und freuen wir uns auf mindestens 3 Tage „Sturmferien“. 😊
Die kleine Auszeit vom Segeln während der Sturm durchzieht nutzen wir in den Regenpausen für ausgedehnte Hundespaziergänge und allerlei Arbeiten, die sich schon wieder angesammelt haben. Wäsche waschen, mehrmals täglich Boot aufklaren (irgendwas ist immer), Einkäufe… Es ist schon erstaunlich, wieviel wir immer zu tun haben, nur um einen normalen Alltag zu managen. Das geht in diesem Ort mit seinen vielen Läden, die wegen Saisonendes komplett geschlossen haben, schon mit dem Lebensmitteleinkauf los. Bäcker und Mini-Supermarkt sind fast 20 Minuten zu Fuß entfernt. Weite Wege auch schon zu den Duschen und Toiletten. Alles nicht schlimm. Es kostet nur eben alles etwas mehr Zeit.
Apropos Zeit. Dieser Artikel ist ja schon wieder ganz schon lang geworden… Deshalb: Wie es mit uns in der Bretagne weitergeht, gibt’s im nächsten Artikel zu lesen.
Bis dahin sage ich erstmal wieder
Au Revoir!
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