Von Claudia
La Rochelle. Zwei Monate sind wir jetzt unterwegs. Das Wichtigste zuerst: Ja, wir haben uns noch lieb und kommen mit dem engen Beieinandersein 24/7 sehr gut zurecht 🙂
Die Challenge, für sieben Monate auf etwa 20 qm Grundfläche mit schrägen Wänden, wenig Staufläche und entsprechend reduzierter Ausstattung zu leben, macht uns richtig Spaß. Es fallen uns zwar immer nochmal Dinge ein, die auf die „Liste der vergessenen Dinge“ wandern, aber diese Liste wächst nicht mehr so schnell wie in den ersten Tagen. Und wirklich existenzielle Dinge stehen da sowieso nicht drauf, eher „nice to have“.
Die große Herausforderung war und ist es, ausreichend Komfort für die Langfahrt herzustellen, ohne dass SKUUMs Regattatauglichkeit leidet oder die asketische Anmutung des Innenraums zerstört wird.
Das heißt:
- Keine neuen Schränke.
- Wenn etwas für die Langfahrt ergänzt wird, muss es für Regatten leicht entfernbar sein.
- Grundsätzlich nimmt jeder nur das Notwendigste mit.
Wie unser Zuhause im Moment aussieht, wollen wir heute mal in dieser Homestory zeigen. Und weil das Boot gerade mega aufgeräumt ist, gibt es sogar Fotos ohne Schämen 🙂
Die Bugspitze: Unser Loft
Ralf und ich lieben diese puristische Bugspitze. Ein perfekter Ort zum Einkuscheln, ein Buch zu lesen oder Musik zu hören. Klar, dass keiner von uns dort einen Vorhang vormachen oder Taschen an die Wand heften möchte. Unser Loft soll diesen chilligen Charakter behalten. Lediglich ein Schaf-Fell und eine tragbare warme LED-Lampe durften dort einziehen. Und nur damit wir das Hundeschutz-Laken nicht umsonst aufgezogen haben, tut Amstel uns den Gefallen, die Lounge ebenfalls gelegentlich zu nutzen… 😉
In dem großen Fach unter den Polstern ist jede Menge Platz. Weil man dort aber nur schlecht rankommt, sind da nur Dinge gelagert, die wir seltener brauchen: Zwei SUP-Boards und zwei große Vorratssäcke Hundefutter. Direkt unter den Polstern liegen zugriffsbereit unsere großen Seekarten.
Der Salon
Hauptsächlich essen wir hier, ab und zu arbeiten wir hier auch am Laptop oder lesen. Mit nur zwei Wandstrahlern war der Salon viel zu dunkel, so dass wir hier eine dimmbare USB-Lampe über dem Salontisch flexibel befestigt haben, die sich bis ins Loft verschieben lässt.
Die kleinen Wandtaschen am vorderen Schott hat meine Nichte Mira für uns gefertigt, damit Kleinkram wie Handy, Lesebrille und Ladekabel nicht ständig irgendwo rumliegen. Befestigt sind sie mit Klett.
Und für die neuen Weingläser (ein „nice to have von o.a. Liste), für die im Geschirrfach kein Platz mehr war (siehe Küchenfoto „Kraftschlüssige Stauung“), gab es eine Kocksche Spezialaufhängung unter der Decke: 100 % sturmsicher und garantiert kratzfrei!
Viel Platz ist auch hier in den Fächern unter den Sitzpolstern. Auf Backbordseite befinden sich Lebensmittel, Getränke und ein Ersatzanker samt Kettenvorlauf. Auf Steuerbordseite lagern Werkzeuge, unsere Bordapotheke und Reserve-Gummistiefel.
Der Kartentisch mit Navi-Ecke
Technisch ausgestattet ist die Navi-Ecke mit
- ICON Funkgerät und Handfunke
- Vesper-Marine AIS mit eigenem WLAN
- Radarwarner
- Strong Pad mit Open CPN (Navigationssoftware) und O-Charts
- Furuno GPS als Backup
- Victron Ladeanzeige
- Zwei Tablets mit Navionics für den Betrieb im Cockpit
- EPIRB (Satelliten Seenotfunkbake)
- Barometer
Hier liegt auch immer die benötigte Papier-Seekarte griffbereit.
Unter dem Kartentisch befinden sich Werkzeuge, Arbeitsmaterialien (z. B. Tape, die Takel-Box…) und der unerlässliche Reeds (ein Druckwerk mit Informationen zu allen Häfen, Gezeiten etc.). Hammer, was da an Infos enthalten ist. Wenn man sich einmal in die ganzen Abkürzungen eingelesen hat, kennt man die Häfen, ihre Tücken und Ansteuerungsmöglichkeiten bei allen Windrichtungen, bevor man jemals dagewesen ist.
Im Regal über dem Kartentisch sind Suchscheinwerfer, Fernglas, batteriebetriebene Positionslichter als Backup, Handanemometer, Logbuch, Unterlagen zum Boot, Gastlandflaggen usw.
Unter dem Sitz befindet sich griffbereit der Großteil unserer Leckbekämpfungsmittel (elektrische Notlenzpumpe, Leak Hero, Leckstopfen etc.).
Die Küche
Atme und lass sein…
Alles hat nur den Wert, den man ihm verleiht…
Wer Frieden in seiner Seele hat und Annahme und Akzeptanz kultivieren möchte, bringt optimale Voraussetzungen für das Arbeiten in unserer Küche mit. Auch Tetris-Kenntnisse können sich als vorteilhaft erweisen.
Aber der Reihe nach. Die Küche war unsere größte Herausforderung für die Langfahrt… sie hat wenig Schrankraum, keinen Backofen und nahezu keine Arbeitsfläche.
Die beiden freien Flächen, die man sieht, sind der Deckel von der Vorratsbox und vom Kühlschrank. Wenn man dort etwas ablegt und dann doch noch etwas aus Kühlschrank oder Box benötigt, fängt das große Räumen an. Deshalb haben wir eine Platte passgenau zuschneiden lassen, die als Ablagefläche einfach auf vier augenähnliche Beschläge (bis dato zweckfreie Relikte vom Vorbesitzer) aufgelegt wird. Bei Nichtgebrauch liegt diese Platte unter der Matratze im Schlafzimmer.
In den kleinen, mit Nummern beschrifteten Fächern sind die Dinge verstaut, die wir häufig brauchen: In der 3 ist unser gesamtes Geschirr, die 4 ist das Lasterfach (Chips und Naschis) und in der 5 und darüber lagern Frühstückssachen, Gewürze und Küchenhelfer.
Unter dem Herd sind Pütt un Pann und eine Wochenportion Hundefutter untergebracht. Da dieses Fach nur schräge Flächen hat und beim Herausnehmen eines Teils gerne mal alle anderen verrutschen, kommen hier die Tetris-Kenntnisse und ein stabiles Nervenkostüm ins Spiel…
Den fehlenden Backofen haben wir mit dem Omnia-Ofen aus meinem Microcamper kompensiert. Er wird einfach auf den Herd gestellt und ist für Aufläufe und Brotaufbacken perfekt. Und mit einem Gewicht von nur 500 Gramm punktet er gegenüber einem „richtigen“ Backofen in der Kategorie „Regatta Lightweight“ (strahlende Skipperaugen).
In der Küche müssen wir den größten Kompromiss eingehen. Es gibt so viele praktische Dinge, die in Summe viel Platz wegnehmen, den wir einfach nicht haben (Suppenkelle, Servierlöffel, ein anständiger Dosenöffner, Pfannendeckel,…). Gleichzeitig ist ein gutes Ordnungs- und Stapelsystem wichtig, um auch unten lagernde Dinge aus dem Kühlschrank oder der Vorratsbox nach oben zu zirkeln.
Das Schlafzimmer
Im Schlafzimmer gibt es einen kleinen Schrank mit drei Fächern, darunter eine Schuhbox und die „Wurst“ (das graue Taschenregal an der Wand). Obwohl wir uns klamottenmäßig massiv reduziert haben, reicht das hinten und vorne nicht. Wir leben daher –unübersehbar- aus Taschen, die an Hafentagen auf der Schuhbox stehen.
In der Wurst liegen u.a. die Standup-Paddel und zwei Helme.
„Helme????“
„Ja, wenn wir in richtig schweres Wetter geraten, tragen wir wegen der Verletzungsgefahr unter Umständen Helme“, so der Skipper.
Aha…
Da Amstel uns nachts vor bösen Geistern beschützen möchte, schläft sie vor dem Bett auf ihrem Hundeschlafsack – obwohl sie den Rest des Bootes für sich allein haben könnte.
Beim Segeln hält sich Amstel im Schlafzimmer auf, wenn es an Deck zu gefährlich für sie ist. Die Taschen stehen dann auf dem Bett und sie kuschelt sich dazwischen wie in einer Höhle ein.
Und zu guter Letzt: Der Technikraum.
Hier haben wir im vorderen Teil unser ‚Bad‘ mit Waschbecken und Toilette.
Im hinteren Teil sind die Bordtechnik, Dieseltank, Batterie, Standheizung, Segelklamotten, Taue, Segel, Sitzkissen, Grab Bag und unsere Bücherkiste untergebracht. Ralf liebt diesen Raum und falls wir tatsächlich mal etwas Abstand voneinander brauchen sollten, avanciert er vielleicht sogar zur Skipper-Suite 😉
Zusammenfassend stellen wir beide fest, dass wir mit dem vorhandenen Platz sehr gut zurechtkommen. Er fordert zwar die Disziplin, alles nach Gebrauch sofort wieder an seinen Ort zurückzupacken, aber die Regatta-Tauglichkeit und die aufgeräumte Optik sind uns das allemal wert. Nachgerüstet haben wir nur die Küchenarbeitsfläche, Beleuchtung und Salon-Wandtaschen, alles unkompliziert wieder entfernbar.
Was uns mehr beschäftigt, ist die Kondensfeuchte. Diese muss regelmäßig von der Decke abgewischt werden. Je nach Wetter bilden sich dort mehr oder weniger viele Tropfen. Auch müssen die Polster ab und zu zum Lüften nach draußen und die Fächer ausgewischt werden. Besonders betroffen ist – wenig überraschend- die Matratze im Schlafzimmer. Trotz Abstandsgewirk (das heißt wirklich so!) unter der Matratze zirkuliert die Luft dort nicht ausreichend.
Wir haben beide den Eindruck, dass die Kondensfeuchte erheblich mehr ist als früher auf HavLys. Vermutlich, weil weite Teile der Oberfläche nur aus Gelcoat bestehen. Hier beschlägt es besonders schnell. Aber mittlerweile hat sich so etwas wie ein Bordalltag eingespielt und das Wischen, Lüften und Entfeuchten gehört mit dazu.
Ein Regattaboot auf Langfahrt ist eben Purismus vom Feinsten.
Wir lieben es.
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